Der E-Learning-Tag der Friedrich-Schiller-Universität Jena bietet Lehrenden, Studierenden und anderen in diesem Bereich aktiven Personen eine Plattform, sich über verschiedene Möglichkeiten der digitalen Lehre/des E-Learnings zu informieren, Erfahrungen zu einzelnen Aspekten auszutauschen, über neue Gestaltungs- und Entwicklungsformen digitaler Lehre zu diskutieren und Visionen für die Zukunft des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien zu entwerfen.
Die Corona-Pandemie stellte die Hochschulen im Sommersemester 2020 vor große Herausforderungen, die Lehre innerhalb weniger Tage von der geplanten Präsenzlehre auf digitale Lehre umzustellen. Zusätzlich wurde das Wintersemester 2020/2021 als weiteres Experimentierfeld für die umgesetzten Konzepte gesehen, da die Präsenzlehre trotz hoher Erwartungen doch nur eingeschränkt möglich war. Aber was haben wir aus diesen digitalen Semestern gelernt und welche Elemente digitaler Lehre möchten die Lehrenden und Studierenden beibehalten, um die Hochschullehre ziel- und bedarfsorientiert gestalten zu können?
Beim diesjährigen E-Learning-Tag der Friedrich-Schiller-Universität Jena erhalten Sie die Möglichkeit, entwickelte und erprobte Konzepte zu diskutieren und gemeinsam mit anderen Lehrenden die möglichen Zukunftsszenarien zu entwerfen.
Prof. Dr. Kim Siebenhüner | Vizepräsidentin für Studium und Lehre, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dr. Anna Svet | Koordinatorin für Digitalisierung in Studium und Lehre, Stabsstelle Digitale Universität
Diskussionsteilnehmende:
Prof. Dr. Kim Siebenhüner | Vizepräsidentin für Studium und Lehre, Universität Jena,
Prof. Dr. Cord Spreckelsen | Medizinische Informatik, Universitätsklinikum Jena,
Dr. Julia Dietrich | Institut für Erziehungswissenschaften, Universität Jena
Evelyn Hochheim | Leiterin der Servicestelle LehreLernen, Universität Jena
Dr. Frederik Schulz | Leiter der Stabsstelle Digitale Universität, Universität Jena
Julia Ignatzek | Studentin, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität Jena
Moderation: Martin Rademacher | Hochschulforum Digitalisierung
Die pandemiebedingte Umstellung der Präsenzlehre an der FSU Jena auf Hybrid- bzw. vollständig digitale Lehre, führte bei den Diensten des MMZ zu einer deutlich gestiegenen Nachfrage.
Nur durch die, in den vergangenen Jahren begonnen Projekte zur Einführung automatischer Vorlesungsaufzeichnungen, sowie die forcierte Planung und der Einbau modernster Medientechnik in den Lehrräumen, war es überhaupt möglich, diese Herausforderung zu meistern. Zum Start des Sommersemesters 2021 stehen für die Lehrenden 20 Räume zur Aufzeichnung von Lehrveranstaltungen zur Verfügung. Die Beantragung der Räume erfolgt über die Raumverwaltung. Unterstützung bei der Durchführung der Aufzeichnung kann über den IT-Service-Desk gebucht werden. Die Veröffentlichung kann bequem in Moodle geplant und der Zugriff durch die Lehrverantwortlichen gesteuert werden.
Die Attraktivität der Lernplattform Moodle konnten wir durch die Integration von Opencast enorm steigern. So bieten sich nun mehr Freiheiten bei der Publikation von Vorlesungsvideos sowie eigen produzierten Videoaufnahmen direkt aus Moodle. Ein Potenzial, dass in naher Zukunft sicherlich noch stärker erkannt und genutzt wird.
An der FSU stehen aktuell drei Moodle-Instanzen zur Verfügung: das Lehre-Moodle moodle.uni-jena.de, ein Moodle für digitale Prüfungen exam.uni-jena.de und eine eigene Instanz für Veranstaltungen über die Uni-Grenzen hinaus kurs.uni-jena.de.
Um die digitale Lehre auch in den kommenden Semestern gut aufgestellt zu wissen, wird gegenwärtig eine neue Streaming-Plattform mit Chatfunktion entwickelt, der Zugang zu Live-Veranstaltungen verbessert, der Testbetrieb für das Moodle Plugin „Intercative Video Suite“ vorbereitet und an Strategien für die Archivierung von Kursinhalten gearbeitet.
Digitale Lernumgebungen ermöglichen auch für große Lerngruppen eine größere Flexi-bilität von Lernprozessen, z. B. in Bezug auf Lernort, zeitliche Strukturierung des Lern-prozesses etc. Allerdings bergen auch diese Lernumgebungen die Gefahr, neue Barrieren für die Teilhabe am Studium aufzubauen. Insbesondere durch die schnell erforderliche Umstellung von Präsenz- auf online-Lehre wurden zahlreiche digitale Lehr-Lernmateri-alien erstellt, um das Curriculum weiterhin abdecken zu können. Dabei fehlte es jedoch an Zeit, Ressourcen und Expertise, um dem Aspekt von Zugänglichkeit der Lehr-Lern-materialien ausreichend Rechnung zu tragen. Da digitale Lernumgebungen inzwischen eine zentrale Rolle in der universitären Lehre einnehmen, sollten Fragen von digitaler Barrierefreiheit diskutiert werden.
Im Rahmen der Diskurswerkstatt möchten wir Digital Casebooks vorstellen, in denen Themen der Pädagogischen Psychologie in Form strukturierter und interaktiv gestalteter Selbstlernumgebungen entwickelt werden, in deren Zentrum die Arbeit an einem Fall steht. Besonders für die Zielgruppe der Lehramtsstudierenden bietet sich das didaktische Setting der Kasuistik an, da die Arbeit an Fallbeispielen eine Adressierung der bisher mangelnden Konkretisierung für den Transfer des theoretischen Wissens auf Situationen in der Praxis ermöglicht. Um allen Studierenden die Nutzung der Digital Casebooks zu ermöglichen, wird eine barrierefreie Gestaltung angestrebt.
In der Diskurswerkstatt möchten wir daher diskutieren, a) wie Lehr-Lernmaterialien bar-rierefrei und individuell gestaltet und b) Tools wie z. B. H5P dafür gezielt eingesetzt werden können. Zukünftig könnte sich eine Community of Practice zusammenfinden, die sich gemeinsam mit Fragen der barrierefreien Gestaltung von digitaler Lehre an der FSU Jena auseinandersetzt.
Die Bildungslandschaft in Deutschland verändert sich schnell und wird immer komplexer. Die Heteroge-nität der Lernenden wird immer stärker wahrgenommen und bildet einen Fokuspunkt bei der Vorbereitung von Lehr-Lern-Angeboten. Im Sinne dessen müssen Lehrveranstaltungen zunehmend differenziert gestal-tet werden. Dabei können verschiedene Formen der Differenzierung identifiziert werden und auch die Möglichkeiten, diese Formen umzusetzen sind vielgestaltig. Gerade digitale Tools und Methoden bieten Lehrenden die Möglichkeit, ihren Unterricht leichter zu differenzieren. So können nicht nur Lernort und -zeit individueller und flexibler gestaltet sowie unterschiedliche Zugänge zum Lerninhalt geschaffen werden. Es werde Lernräume geöffnet, in denen ein interaktives Lernen möglich ist und in denen vielfältige Lernprodukte entstehen können.
In der Diskurswerkstatt soll diskutiert werden, wie der Heterogenität von Lernenden und der damit verbundenen Differenzierung von Lehr-Lern-Angeboten in der Hochschullehre begegnet werden können. Davon ausgehend soll betrachtet werden, wie digitale Tools zur Umsetzung differenzierter Lehrer genutzt werden können. Dazu werden aus Perspektive der Lehrer:innenbildung in den Naturwissenschaften ein-zelne Tools vorgestellt, die in Schule und Hochschule einsetzbar sind (bspw. MS Paint 3D). Darauf auf-bauend werden weitere Werkzeuge gesammelt und ausgehend von den Erfahrungen der Teilnehmenden mit diesen Tools Möglichkeiten und Potentiale ausgelotet, sie in eigenen Lehrformaten zielführend einzusetzen.
Insbesondere in größeren Einführungsveranstaltungen waren viele Lehrende in den digitalen Semestern unsicher, wie sie ihre Klausuren so durchführen könnten, dass Studierende möglichst gut vorbereitet sind, es gleichzeitig aber nur wenig Potenzial für technische bedingte Unsicherheiten während der Klausur, für das Kopieren aus dem Internet oder für ungewollte Kooperation zwischen den Studierenden gibt. In der englischen Fachdidaktik wurde die Einführungsklausur in einer Kooperation zwischen
den Dozent*innen der Gruppen komplett umgestellt: Aus einer klassischen 90min-Klausur mit einer Mischung aus multiple choice und offenen Fragen wurde so ein intermediales take home exam. Diese Klausurform liefert den Studierenden eine große Auswahl an Links und Materialien zu aktuellen Themen, anhand derer sie – explizit auch unter Zuhilfenahme des Grundlagenbuchs und auch anderer Quellen – eine eigenständige Aufgabe lösen (hier: das Erstellen einer Unterrichtsstunde) und ihre Entscheidungen und Auswahl theoretisch fundiert begründen sollen. In einem Kurzessay schließt sich danach eine Reflexionsfrage zu komplexeren theoretischen Fragestellungen aus der Einführung an. Damit diese Aufgaben erfolgreich gelöst werden konnten, wurde auch der Kurs teilweise umgestaltet: Durch vorbereitende Assignments gewannen die Studierenden über das
gesamte Semester eine immer bessere Vorstellung davon, wie die Klausur aussehen würde und was die Erwartungen an ihre Kompetenzen und Durchführung sein würde.
Unsere Erfahrungen mit dieser Klausurform waren sehr positiv und so kann im Rahmen der Diskurswerkstatt überlegt werden, wie intermediale take home exams auch für andere Fachdidaktiken oder Diziplinen genutzt werden könnten.
Den Herausforderungen des digitalen Lernens – damit auch der digitalen Lehre – soll durch ein umfangreiches Kern- und Begleitprogramm im Rahmen des Grundlagenseminars begegnet werden. Hierzu gehören:
- die Seminarbetreuung durch Tutor und Dozent;
- ein reichhaltiges Angebot im Moodle-Kursraum;
- regelmäßige Zoomtreffen;
- ritualisierte e-tivities zu Beginn jedes synchronen Treffens;
- ein wöchentlicher Treff zum Stammtisch
- verschiedene Tools, die eingeführt und immer wieder genutzt werden
Dieser Ansatz soll den Studierenden helfen, sich an der Uni und ins Studium einzufinden, miteinander in Kontakt zu kommen, kooperativ und kollaborativ zusammenzuarbeiten, die reflektierte Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten anzuregen – letztlich digitales Lernen zu ermöglichen und sich auch einfach mal so zu treffen.
In der Diskurswerkstatt sollen zuerst das Kursdesign vorgestellt und parallel auch Angebote (Hier: e-tivities) erprobt werden, um anschließend über das Chancen und Grenzen ins Gespräch zu kommen und Erfahrungen zu teilen.
Dass die „digitale Kompetenz […] eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts“ (DigCompEdu, 2017, S. 1) ist, wurde mit der Corona-Pandemie seit März 2020 zunehmend deutlich. Die akademische Lehre musste innerhalb kürzester Zeit auf digitale Formate umgestellt werden, ohne dass zuvor Erprobungen und Evaluationen dieser Lehr‐Lernsettings möglich waren. Das bisherige Verständnis von Lehr-Lernsettings muss hinterfragt und neu gedacht werden, sodass Raum für neue Formate entsteht. Gleiches gilt für den Schulkontext. Um der gegenwärtigen Situation mit den Bedingungen des distance learnings Rechnung zu tragen, entstand das Projekt „Digitales Lehren lernen in Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“ (DiLele DaF/DaZ)1. Dafür wurde im Rahmen eines Seminarkonzepts ein E-Learning-Szenario entwickelt. In diesem erproben und reflektieren Lehramtsstudierende entsprechend ihres Vorwissens in einem geschützten Raum verschiedene Formate des digitalen Lehrens und Lernens. Digitales Lernen ist neben dem Lerninhalt, gleichzeitig Lernmethode und Lernprodukt.
Ziel des Projekts ist es, einerseits die Studierenden auf ihren Unterrichtsalltag praxisnah vorzubereiten und andererseits diese Lehr-Lernform in die Lehrpersonenbildung des Fachbereiches DaF/DaZ curricular einzubinden und systematisch weiterzuentwickeln.
In der Diskurswerkstatt wird das entwickelte E-Learning-Szenario als Impuls vorgestellt, um anschließend im Austausch mit den Teilnehmenden der Diskurswerkstatt neben aufkommenden Fragen auch a) die Herausforderungen des Seminarkonzepts, b) die Transfermöglichkeiten des Projekts für andere Fachbereiche und c) die Frage kritisch zu diskutieren, inwieweit solch ein E-Learning-Szenario dazu geeignet ist, Lehramtsstudierende in ihren berufsrelevanten Kompetenzen auf den Unterrichtsalltag vorzubereiten.
Eine unangenehme Folge des Wechsels auf Distanzlehre ist der fast völlige Wegfall informeller Begegnungen und Gespräche. Um dies zumindest partiell auszugleichen, habe ich in Online-Seminaren deutlich intensiver auf Gruppenarbeiten gesetzt als sonst. Die Studierenden sollten in einem geschützten Raum ohne Lehrperson über Inhalte sprechen können, Überlegungen ausprobieren und auch Kontakt zueinander aufbauen, bevor wir im Plenum die Teildiskussionen gemeinsam auswerteten. Die Gruppenphasen wurden seitens der Studierenden gut angenommen und in der Reflexion meine
Vorüberlegungen bestätigt, selbst wenn Gruppenarbeit aus schulischen Erfahrungen heraus negativ besetzt waren. Die Breakoutsessions von Zoom (und Äquivalente anderer Videokonferenzsysteme) scheinen auch bei Kolleg*innen den Anstoß zu mehr kooperativen Phasen im Seminarverlauf gegeben zu haben, was mit der Rückkehr zur Präsenzlehre nicht beendet werden muss, auch wenn die ursprünglichen Motive dafür zum Teil wegfallen. In meiner eigenen Arbeit habe ich mich an Prinzipien des Kooperativen Lernens und an der Grundstruktur Think-Pair-Share orientiert, dass also jeder Sozialformwechsel mit einer neuen Aufgabenstellung einhergeht, die auf den zuvor erarbeiteten Ergebnissen aufbaut.
Die Diskurswerkstatt soll dem Erfahrungsaustausch zu kooperativen Phasen im Digitalen dienen und daraus Konsequenzen für die Präsenzlehre ableiten.
In dieser Diskurswerkstatt möchte ich mich mit Ihnen der Restrukturierung klassischer Seminare, hin zu hybriden Formaten, widmen. Neben der Frage, wie Interaktionen zwischen Studierenden und Studierenden, sowie mit der Lehrperson möglichst lernförderlich gestaltet werden, stellt insbesondere die Abstimmung von Interaktionsstufen und Lernzielen eine Herausforderung für die gute Gestaltung hybrider Seminare (Blended-Learning) dar. Nach einem kurzen Input zum Thema möchte ich in rotierenden Kleingruppen über die Restrukturierung innerhalb der spezifischen Interaktionsformen sowie deren Verknüpfung diskutieren.
Das Thema des digitalen Prüfens hat durch die Corona-Pandemie nochmal an Aktualität gewonnen, weil die Lehrenden aufgefordert waren, ihre Klausuren auf digitale Formate umzustellen. Hierbei waren Formate gefragt, die nicht nur das erworbene Wissen der Studiereden im Rahmen einer Lehrveranstaltung prüfen, sondern durch die die Studierenden ihre Kompetenzen unter Beweis stellen können.
In der Diskurswerkstatt wird über sehr positive Erfahrung mit Open Book Klausuren aus der Sicht der Dozentin als Prüferin und der Studierenden als Prüfungsteilnehmerinnen berichtet und diskutiert, welche im Februar 2021 gemacht wurden. Dabei möchte die Referentin auch andere Dozentinnen motivieren, den Mut zu haben, kompetenzorientierter zu prüfen und dabei mit sehr positiven Erfahrungen belohnt zu werden. Kompetenzorientiertes Prüfen kann hierbei ein von intellektuellem Vertrauen geprägtes Verhältnis von Lehrenden und Lernenden schaffen, das dem Ideal einer Universität entspricht.
Interview von Dr. Barbara Schmidt im Newsletter Lehre der Universität Jena: https://www.uni-jena.de/newsletterlehre02_21_NACHGEFRAGT